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Ist es Zeit vorsichtiger zu werden? Wall Street: Die Tech-Rally steht vor dem ultimativen Lackmustest

An der Wall Street wächst die Sorge, dass die beiden Motoren des diesjährigen Aufschwungs der Tech-Aktien ins Stottern geraten könnten. Die Reaktion auf die Quartalsergebnisse von Netflix und Tesla ist ein erstes Warnsignal an die Aktienmärkte. Nach einem massiven Anstieg von 44 Prozent des Nasdaq 100 und 19 Prozent im S&P 500 seit Jahresbeginn nimmt die Gefahr eines Rückschlags zu.

Nicht nur die jüngsten Ergebnisse von Big Tech sorgen derzeit für Beunruhigung an den Märkten, sondern auch das wichtige Fed-Event am kommenden Mittwoch. Dies zeigte sich am Donnerstag, als der technologielastige Nasdaq 100 Index so stark wie seit fünf Monaten nicht mehr fiel, da enttäuschende Zahlen von Netflix und schrumpfende Margen von Tesla die Aussichten für den Sektor trübten. Gleichzeitig unterstrichen starke Beschäftigungsdaten die Befürchtungen, dass die Federal Reserve möglicherweise nicht kurz davor steht, ihre aggressivste geldpolitische Straffung seit Jahrzehnten zu beenden. An der Wall Street macht sich im Vorfeld einer sehr wichtigen Woche Verunsicherung breit. Es stellt sich die Frage, ob der Bärenmarkt vollständig ausgelöscht wird oder eine Korrektur bevorsteht?

Wall Street: Hausse auf dem Prüfstand

Wie Bloomberg berichtet, werden in der kommenden Woche rund 170 Unternehmen des S&P 500 Index, die satte 40 % seiner Marktkapitalisierung ausmachen, ihre Ergebnisse vorlegen. Darunter die Tech-Schwergewichte Microsoft und Meta Platforms sowie die Google-Muttergesellschaft Alphabet. Darüber hinaus wird am Mittwoch, nachdem die Fed ihre jüngste Zinsentscheidung bekannt gegeben hat, der Fed-Chef Jerome Powell Aufschluss darüber geben, ob die Anleger richtig lagen, als sie darauf spekulierten, dass die erwartete Zinserhöhung um einen Viertelpunkt die letzte sein wird.

„Die Hauptsorge der Investoren in der zweiten Jahreshälfte gilt der Fed“, so Eric Diton, Präsident und Geschäftsführer von Wealth Alliance. „Wenn es mehr Zinserhöhungen gibt, als die Wall Street erwartet, dürfte das schlecht für Technologie- und Wachstumsaktien im Nasdaq und S&P 500 sein. Die Bewertungen müssen dann sinken.“

Wachstumsaktien reagieren sehr empfindlich auf die Zinssätze, anhand derer man berechnet, was die Gewinne in den kommenden Jahren jetzt wert sind. Ihre Gewinnaussichten verschlechtern sich bei steigenden Zinsen, weil die Finanzierungskosten steigen. Die Technologiebranche hat sich in diesem Jahr massiv erholt, da sich ihre Gewinne als widerstandsfähig erwiesen haben und die US-Notenbank begonnen hat, das Tempo ihrer Zinserhöhungen zu verlangsamen und sie auf der letzten Sitzung sogar pausiert hat.

S&P 500 und Nasdaq: Big Tech Bewertungen auf dem höchsten Niveau seit über einem Jahr
Big Tech Bewertungen auf dem höchsten Niveau seit über einem Jahr

Tech-Aktien: Bewertungen sind sehr hoch

Nach dem diesjährigen Kursanstieg, der zum großen Teil auf der Begeisterung über die Durchbrüche bei der künstlichen Intelligenz basiert, sind die Bewertungen in die Höhe geschossen. Der Nasdaq 100 ist in diesem Jahr um 42 % gestiegen und wird mit dem 29-fachen des voraussichtlichen Gewinns gehandelt. Und die Zuwächse halten an – selbst nachdem der Index am Donnerstag seinen schlechtesten Tag (-2,27%) seit Monaten verzeichnete, hat er die Woche nur mit einem kleinen Minus von 0,88 % beendet.

Big Tech ist auch für den S&P 500 von entscheidender Bedeutung, da die Unternehmen aufgrund ihres großen Marktwerts im Index am stärksten gewichtet sind. Die fünf größten Unternehmen im S&P 500 – Apple, Microsoft, Amazon.com, Nvidia und Alphabet – werden mit dem 30-fachen des voraussichtlichen Gewinns gehandelt, dem höchsten Wert seit März 2022, wie aus den von Bloomberg Intelligence (BI) zusammengestellten Daten hervorgeht. Das ist fast das Doppelte des Multiplikators für den Rest des Indexes.

Natürlich spiegelt dies zum Teil auch die Erwartung wider, dass sich die Gewinne der Big Tech-Unternehmen nach ihren aggressiven Kostensenkungsmaßnahmen weiter verbessern werden. Laut BI erwarten die Analysten für die fünf größten S&P 500-Unternehmen im zweiten Quartal ein Gewinnwachstum von 16 %. Dem steht ein Gewinnrückgang von 9 % für den breiteren Aktienmarkt gegenüber.

Andere Signale deuten auf gute Gewinne in der zweiten Jahreshälfte hin, insbesondere wenn die nachlassende Erzeugerpreisinflation die Gewinnspannen weiter ansteigen lässt, so Gina Martin Adams, Chef-Aktienstrategin bei BI.

„Niemand spricht darüber, dass der Druck auf die Gewinne der fünf größten Unternehmen im S&P 500 weiter nachlassen könnte“, sagte sie. „Das könnte sich tatsächlich von selbst lösen und der Rest des Index könnte mit steigenden Gewinnen aufholen. Das würde letztlich die Aktienkurse auf breiterer Basis stützen.

Die Wall Street setzt auf den KI-Boom

Microsoft, das am 25. Juli seine Geschäftszahlen bekannt gibt, hat Hoffnungen geweckt, dass sich die Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz künftig auszahlen, nachdem das Unternehmen bekannt gegeben hat, dass das Abonnement für Office-Anwendungen um 30 Dollar steigt, wenn man die KI-Funktionen nutzen möchte. Die Preise für die neuen Anwendungen waren demnach höher als von vielen Anlegern erwartet.

Der steile Anstieg in diesem Jahr hat jedoch bei einigen Anlegern an der Wall Street die Befürchtung geweckt, dass die Erwartungen an der Börse zu hoch sind, was Vergleiche mit dem Dotcom-Crash aufkommen lässt.

„Das FOMO-Verhalten, also die Angst, die Rally zu verpassen, in der Technologiebranche macht mir für die kommenden Monate Sorgen“, sagte Cheryl Smith, Portfoliomanagerin und Ökonomin bei Trillium Asset Management. „Wenn man auf die Jahrtausendwende zurückblickt, hat das Internet unser Leben mit Sicherheit verändert. Allerdings haben diejenigen Anleger, die 1999 erst sehr spät auf den Zug aufgesprungen sind, viel Geld verloren, als sie sich von dem Hype haben anstecken lassen. Man sollte also vorsichtig sein.

FMW/Bloomberg

NEW YORK, window of the Nasdaq MarketSite in Times Square. Photographer: Spencer Platt/Getty Images North America; Bloomberg


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7 Kommentare

  1. Die Techgiganten Google, Microsoft und Amazon, wozu auch Audible gehört, tragen zweifelsfrei mit dazu bei, daß die Vereinigte Staaten neben der Volksrepublik China die weltweit größten Volkswirtschaften sind. In Sachen KI wäre jedoch ein Zusammenspiel zwischen den USA, der EU und China im Rahmen der G20 zugunsten der Weltwirtschaft konstruktiv/zielführend.

    1. Young Global Leader

      @Holger Voss, klar der Euro-Trash Kommunismus wird es richten. Der EU fallen sicher die besten Regulierungen ein und die meisten Möglichkeiten, Unternehmen aus der Eurozone zu drängen. Wir sind dann Weltmeister im „AI-Alignment“ oder so was.

  2. An FMW-Nutzer Young Global Leader am 23.07.23 um 19.50 Uhr: Wenn Sie das sagen, dann wird das so sein.

    1. Young Global Leader

      @Holger Voss, sagen Sie bitte wenn Sie keine Replies von mir wollen. Ich werde dann auf Ihre Beiträge nicht mehr regieren. Das ist o.k. für mich.

  3. Brics im Aufschwung.

    @ Holger Voss, das Zusammenspiel, EU , China und USA ist wohl ein bisschen naiv,ist denn nicht gerade das Gegenteil im Gamge ? Deglobaliserung und Zweikampf China USA und zwischendrin die selbstzerstörerische EU die sich wohl von den USA nicht abnabeln kann. KI sollte auch wieder allen nützen, hat man doch von der Globalisierung auch probiert dem Volk glaubhaft zu machen.
    Schauen sie einmal die Lohnsteigerungen der Unterschicht in den letzten 20 Jahren, Wie lange kann man dasVolk mit solchen Hypes noch verarschen, alle Produktivitätsgewinne gehen immer an die Oberschicht und die ganze als notwendig bezeichnete MMT – Umverteilung bevorteilte ebenso die Schon- Habenden.Der Sozial- Kommunismus wird bald scheitern.Die rechten Partein bekommen immer mehr Zulauf ( siehe Italien Spanien ) und De wird mit der AFD noch ihr demokratisches Wunder erleben.
    Die Amis haben mit der Dotcomblase und dem Immohype in 2009 die letzten beiden Krisen ausgelöst, sie werden auch mit dem KI Hype wieder der Verursacher der nächsten Krise sein und sie sind so schlau, dass sie jedesmal als Profiteur hervorgehen.Die Restwelt will das endlich ändern , darum der Angriff auf den Dollar als Leitwährung. Brics wird’s richten.
    P.S Übrigens kein lateinamerikanisches und afrikanisches Land hat sich den Russlandsanktionen angeschlossen.

  4. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    In dieser Woche stehen historische Entscheidungen an: Erstmals seit Jahrzehnten, genauer gesagt seit über 15 Jahren, erreichen die weltweit führenden Notenbanken wieder ihr Ausgangsniveau von vor der Finanzkrise.

    Die FED wird die Zinsen auf 5,25 – 5,50 Prozent erhöhen und die EZB auf 4,25%.

    Damit werden die Karten grundsätzlich neu gemischt. Erstmals seit Jahrzehnten ist die Waffengleichheit im System zwischen Bullen und Bären, zwischen Spekulanten und Anlegern,zwischen Optionen und Obligationen wieder gewährleistet.

    Das ist keine Kleinigkeit, das ist ein Wendepunkt. Ein Wendepunkt in Richtung der Guten.

    Man könnte auch sagen, am 26.Juli des Jahres 2023 wird Draghis Whatever it takes endgültig beerdigt.

    Jene Politik die die sicherheitsorientierten Anleger immer benachteiligte, jene Politik die dem ungebremsten Aktienkauf auf Pump ungebremsten Vorschub leistete, jene Politik die Schuldenländer wie Italien begünstigte und solide Länder wie Deutschland an den Rand des Abgrunds trieb.

    Kennen Sie noch die Zeiten wo Schuldner für ihre Schulden Geld bekamen, wo man Guthaben nicht nur versteuern sondern noch negativ verzinsen musste…?

    Gar nicht so lange her, nicht wahr…? Dafür steht die Draghische Niedrigzinspolitik.

    Nun in dieser Woche bietet die Deutsche Bank als Branchenprimus erstmals bis zu 5 Prozent im Zuwachssparen.
    5 Prozent Verzinsung! Undenkbar, Unvorstellbar unter Draghi!
    Mit Christin Lagarde ist nun die solide Haushaltspolitik wieder zurückgekehrt.

    Am Ende ein stiller Sieg,ein letzter Sieg für unseren Jens Weidmann !

  5. Der Ami der kann’s

    Wird wohl ein Lockvogel im Konkurrenzkampf sein, die wichtigen 10 jährigen Anleihen sind imm er noch bei 2,4%. Es wird die Rezession sein ,die die Ewigträumer aufwachen lässt. Wenn KI die Börsen wieder so euphorisiert wie bei Dotcom, kann man dann von der dritten selbsgezüchteten Krise seit 2000 reden. Diesmal weltweit und einige Nummern grösser. UND WER HATS ERFUNDEN, ? ( verschuldet )
    Die Amis natürlich.

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