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Aktien verlieren gegenüber Anleihen an Attraktivität Aktienmärkte: Gefährliche Wette auf die Fed und gegen hohe Zinsen

Aktienmärkte: Gefährliche Wette auf die Fed und gegen hohe Zinsen

Aktien und Zinsanlagen wie Anleihen stehen seit eh und je im Wettbewerb. Lange Zeit hatten Aktien deutlich die Nase vorn, doch das hat sich durch den Anstieg der Zinsen und die hohen Renditen auf Staatsanleihen geändert. Die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Staatsanleihen hat zuletzt stark nachgelassen und das Pendel ist inzwischen in Richtung Anleihen ausgeschlagen. Der Risikoaufschlag für Aktien, der die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Zinsen misst, spricht momentan eher für Staatsanleihen. Trotzdem halten sich die Aktienmärkte wie der S&P 500 und Nasdaq äußerst stabil und liegen noch immer deutlich im Plus. Für Hoffnung sorgen die nachlassende Inflation und die Aussagen einiger Fed-Mitglieder.

In einem schwierigen Umfeld, wie dem aktuellen, in dem es viele Belastungsfaktoren gibt – steigende Zinsen und Liquiditätsentzug durch eine restriktive Geldpolitik, geopolitische Spannungen und Kriege, Kaufkraftverluste durch Inflation, etc. – und zugleich die Renditen auf 16-Jahreshochs notieren, sind die Aktienmärkte auf dem aktuellen Kursniveau zu teuer.

Dieses Jahr ist geprägt durch steigende Aktienkurse bei gleichzeitig sinkenden Unternehmenserträgen und steigenden Zinsen. Daher muss man sich schon fragen, warum die Aktienmärkte dennoch so gut laufen? Die Antwort lautet: weil die Marktteilnehmer eine höhere langfristige Wachstumsrate in die Aktienkurse einpreisen, sprich der Anpassung an aufgehellte langfristige Konjunkturerwartungen und an ein Umfeld mit höherer Inflation. Zudem gehen sie davon aus, dass die Fed ihren Zinszyklus bald beendet.

Aktienmärkte: Zinshoffnung durch hohe Renditen

Von allen Begründungen für die Aktienrallye in den letzten Monaten klingt dabei die Behauptung an der Wall Street, dass die steigenden Anleiherenditen das Ziel der US-Notenbank erfüllen, die Zinsen zu senken, am gefährlichsten, so Bloomberg.

Trotz der Eskalation des Nahostkonflikts verzeichnete der S&P 500 gerade seinen zweiten wöchentlichen Anstieg in Folge. Ein Grund dafür: Zwischen den Notenbanker der Fed und den Händlern entsteht ein vermeintliches Abkommen. Es besagt, dass die hohen Renditen der Staatsanleihen die finanziellen Bedingungen so weit verschärfen, dass keine weiteren Maßnahmen der Federal Reserve mehr erforderlich sind. Die Aktien wären damit von den Beschränkungen befreit, die sie seit zwei Jahren gefesselt haben.

Peter Chatwell von Mizuho International ist der Meinung, dass diese Sichtweise zu clever ist, um wirklich gut zu sein. Einfach ausgedrückt, bedroht eine Welt mit 5 % Treasury-Renditen weiterhin die Bewertungen von Aktien und verschärft den Wettbewerb um Risikokapital.

„Das ist derzeit eine große Ungereimtheit am Markt“, sagt er. „Die Stimmung an den Aktienmärkten richtet sich hauptsächlich danach, was dies für den Leitzins bedeutet. Indessen steigen die Renditen auf Staatsanleihen und werden im Vergleich zu den Aktienrenditen immer attraktiver. Durch die höheren langfristigen Zinsen werden die künftigen Unternehmenserträge abgezinst, was schlecht für Aktien ist.“

Aktienmärkte: Hohe Zinsen machen Aktien gegenüber Anleihen unattraktiver
Die Risikoprämie für Aktien gegenüber Anleihen hat sich verflüchtigt

Zinsen bestimmen das Geschehen an den Aktienmärkten

Die extreme Volatilität der Staatsanleihen ist nach wie vor das größte Thema an den Finanzmärkten. Aber selbst die erneuten Schwankungen des weltweit wichtigsten Vermögenswerts konnten die Aktien – wieder einmal – nicht entscheidend zurückhalten. Am Jahrestag des Tiefpunkts des Bärenmarkts liegt der S&P 500 nach wie vor mehr als 20 % über dem damaligen Tiefpunkt, der Nasdaq 100 sogar doppelt so hoch.

Die Hypothese, dass die hohen Renditen die Arbeit der US-Notenbanker übernehmen würden, wurde zuletzt durch eine Reihe von Fed-Rednern untermauert, obwohl sie davor warnten, dass die Inflation weiterhin zu hoch sei. Die Präsidentin der Fed von Dallas, Lorie Logan, sagte, dass der jüngste Anstieg der langfristigen Zinssätze weniger Bedarf für weitere Zinserhöhungen bedeuten könnte. Der stellvertretende Vorsitzende Philip Jefferson sagte am Montag, er beobachte den Anstieg der Treasury-Renditen als mögliche weitere Bremse für die Wirtschaft.

Die jüngsten Kommentare der Fed-Mitglieder trugen schließlich dazu bei, den fünfwöchigen Anstieg der 10-jährigen Renditen zu stoppen.  Gleichzeitig kam es zu einem Ansturm auf börsengehandelte Fonds, die Schatzanleihen nachbilden und in diesem Monat bisher fast 7 Mrd. USD einbrachten. Während diese Zuflüsse als Wetten auf sinkende Zinsen zu interpretieren sind, verdeutlichen sie auch ein Risiko für die Aktienmärkte – nämlich dass die Attraktivität von renditeträchtigen Anlagen wie Anleihen zunimmt.

Attraktivität von Anleihen gegenüber Aktien steigt

„Hohe Kapitalmarkt-Zinsen sind bei sonst gleichen Bedingungen sowohl eine Konkurrenz für Aktien als auch der Mechanismus, durch den alle Finanzanlagen bestimmt werden“, so Chris Zaccarelli, Chief Investment Officer bei Independent Advisor Alliance. Anleger sind demzufolge eher geneigt, Geld in sichere‘ Staatsanleihen zu investieren, die eine garantierte Rendite von 5,5 % erwirtschaften, im Gegensatz zu einer unsicheren Rendite für Aktien.

Wenn die Zinsen steigen, verschlechtern sich bestimmte Bewertungsargumente für Aktien. Gegenwärtig rentieren Staatsanleihen in etwa so viel wie der S&P 500, wenn man die Gewinnschätzungen der Analysten für das nächste Jahr von 242,50 Dollar pro Aktie zugrunde legt. Das ist ein großer Wechsel zugunsten von Anleihen, deren Auszahlungen in den letzten 20 Jahren meist deutlich hinter den Gewinnen von Aktien zurückgeblieben waren.

„In den letzten zwei Jahrzehnten lag die Gewinnrendite des S&P 500 im Durchschnitt 3 % über der Rendite der 10-jährigen Staatsanleihe“, so Michael O’Rourke, Chefmarktstratege bei JonesTrading. „Wenn die Treasury-Renditen konstant bleiben, müssen die Aktien fallen, um sich dieser historischen Risikoprämie anzunähern. Dies ist das wahrscheinlichere Szenario.“

Natürlich hat die restriktive Geldpolitik der Fed die finanziellen Bedingungen in letzter Zeit verschärft. Ein von Goldman Sachs erstellter Index für den Zustand der verschiedenen Vermögenswerte ist in diesem Monat auf den niedrigsten Stand des Jahres gesunken. Dies gibt der Fed zwar weniger Grund für aggressive geldpolitische Entscheidungen, ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die wirtschaftlichen Aussichten eingetrübt sind.

Fed-Politik: Hohe Renditen machen Aktien im S&P 500 unattraktiver
Finanzielle Bedingungen verschärfen sich drastisch – Umfeld für Aktien wird schwieriger

Wirtschaftsaussichten trüben sich ein

Der Pessimismus der Kleinunternehmen in Bezug auf die wirtschaftlichen Aussichten und die Verfügbarkeit von Krediten hat zugenommen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist in diesem Jahr stark gestiegen, während sich die Einschätzung der US-Verbraucher über ihre Finanzen rasch verschlechtert, was den Konsum beeinträchtigt.

„Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Anhebungen der Zinsen einen stärkeren Rückgang der Verbraucher- und Geschäftsaktivitäten zur Folge haben“, sagte Tom Hainlin, nationaler Anlagestratege bei US Bank Wealth Management.

Michael Shaoul ist kein Verfechter von Aktien, zumindest noch nicht. Die Robustheit der Aktienmärkte stützt sich derzeit auf wenige große Unternehmen, die weiterhin Gewinne erwirtschaften und sich im Besitz von Personen befinden, die sich gegenüber den meisten längerfristigen Bedrohungen als unempfindlich erwiesen haben. Was er nicht glaubt, ist die Vorstellung, dass steigende langfristige Renditen langfristig auf eine harmonische Wirtschaft hindeuten, da die ausgabenfreudige Haltung und der Anstieg der Verschuldung der US-Regierung ein größeres Risiko für die Stabilität darstellt.

Da die US-Notenbank die Zinsen wahrscheinlich in der Warteschleife hält, „besteht die große Unsicherheit darin, was am langen Ende der Kurve passiert“, so der Geschäftsführer von Marketfield Asset Management.

FMW/Bloomberg



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6 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Auf jeden Fall! Trotzdem darf man nicht vergessen, das nur die Anleihen im us- amerikanischen Wirtschaftsraum positiv real verzinst sind, alle anderen Währungsräume dagegen nicht.

    Das stützt die Kurse ungemein.

    Man sucht ja oft nach Ursachen, warum die Märkte immer wieder zurückkommen und das ist der einzig logische Ansatz.

    Im Jahre 2000 hatten wir überall, weltweit, positive Realzinsen! Im Jahre 2007 hatten wir, bis auf Japan, ebenfalls weltweit positive Realzinsen.

    Jetzt nur in den USA. In England nicht, in Deutschland nicht, der Schweiz etc….

    Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Als die Dotcom Blase 2000 platzte lag die durchschnittliche Verzinsung, aller Währungsräume der weltweit führenden Notenbanken, bei heute unvorstellbaren 5 Prozent !

    Bei einer durchschnittlichen Inflation von 2,5 Prozent!

    Im Jahre 07 das gleiche Bild!

    Diese negativen Realzinsen verhindern das Durchrutschen der Märkte. Immer wieder. Man kann das genau beobachten.
    Die Märkte kommen immer wieder zurück. Es stellt sich sogar ein gewisser Jo Jo Effekt ein. Siehe Corona.

    Sind die Märkte heute überbewertet? Ja, wir stehen in der Bewertungsfrage beim Dreifachen der Jahrtausendwende,was zumindest die USA betrifft.
    In Europa und Deutschland nicht. Japan auch nicht, aber das spielt keine große Rolle.

    Alle Aktienkrisen der jüngsten Zeit gingen von den USA aus. 87er Crash, Dot Com Blase 2000, Immobilien und Aktienblase 2007….

    Aber wir dürfen auch nicht die ausländischen Anleger vergessen, die immer wieder in die Märkte zurückkehren, weil ihnen schlicht die Anlagealternative fehlt.
    Das war 2000 und 2007/08 nicht so .

    Ich habe ja lange Zeit die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Sonntagszeitung gelesen, weil’s da so schöne Lufthansa- Meilen gab.
    Im Sommer 08 erschien ein Artikel in der Sonntagszeitung, da wurde der Rat gegeben, die 4,78 Prozent an Umlaufrendite jetzt noch schnell auszunutzen, schließlich wisse man ja nicht, wie lange die Sache noch geht…

    Nie war ein Tip wertvoller wie damals….

    1. Die FAS und FAZ kann man nicht lesen. War früher auch meine Lieblingszeitung. Heute absolut nach links gerutscht.

      1. @Mickey
        Laut Einstein ist das immer so eine relative Sache des Bezugspunkts bei der Bewegung. Wer in einem fahrenden Zug sitzt, hat den Eindruck, die Landschaft hinter dem Fenster bewege sich an ihm vorbei. Am Bahnhof wird es noch verwirrender: Steht neben Ihrem Zug ein zweiter Zug und fährt einer der beiden Züge langsam an, so wissen Sie kurzzeitig nicht, ob der eigene oder der andere Zug fährt.
        Aus diesem Relativitätsprinzip ergibt sich die Unmöglichkeit, eine absolute Geschwindigkeit bzw. Bewegung eines Beobachters im Raum zu ermitteln und damit ein absolut ruhendes Bezugssystem zu definieren.

        Also vielleicht haben ja Sie sich einfach nach rechts bewegt, was aus Ihrer relativen subjektiven Sicht konsequenterweise eine Bewegung des beobachteten Umfelds nach links bedeuten würde 🧐🤯🤔

        1. Das war nicht Einstein, sondern Newton. Einstein hat diese Sache nur nochmal neu erklärt und in den Zusammenhang mit der endlichen Lichtgeschwindigkeit gebracht. Die Relativität ist schon in der Newtonschen Mechanik angelegt.

  2. Zitat: „Was er nicht glaubt, ist die Vorstellung, dass steigende langfristige Renditen langfristig auf eine harmonische Wirtschaft hindeuten, da die ausgabenfreudige Haltung und der Anstieg der Verschuldung der US-Regierung ein größeres Risiko für die Stabilität darstellt.“
    Gemeint ist die vermutete Sorglosigkeit der Aktionäre. Ein Anstieg des Volumens der Anleihen (durch Aufnahme von Schulden), das insgesamt etwa um den Faktor 3 größer ist als die Marktkapitalisierung des Eigenkapitals, wird den Anleihemarkt nicht sicherer machen. Es ist daher zu erwarten, daß jeder Rücksetzer bei den Aktien neue Käufer anzieht.

  3. []… a rate of inflation of zero per centum…[]

    So beschlossen im „92 STAT. 1894 PUBLIC LAW 95-523—OCT. 27, 1978“

    Hier verlinkt, und über STRG+S gelangt man mit Such-String „zero“ zum Artikel

    https://www.govinfo.gov/content/pkg/STATUTE-92/pdf/STATUTE-92-Pg1887.pdf

    Ich versuche mir gerade vorzustellen, die FED-Politik wäre über die Jahrzehnte darauf
    ausgerichtet gewesen.

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