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Coronakrise und die Zeit danach – wer am Ende die Zeche zahlt

Heute gab es nach dem optimistischen Ausblick des DIW aus letzter Woche einen weiteren Konjunkturausblick, der Hoffnung gibt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verkündet, dass die deutsche Wirtschaft in 2020 aufgrund der Coronakrise insgesamt „nur noch“ 6,25 Prozent schrumpfen wird, und 2021 dann wieder 4,5 Prozent zulegen wird. Das wirtschaftliche Vorkrisenniveau werde Deutschland zum Jahreswechsel 2021/2022 wieder erreichen.

Nach der Coronakrise läuft wieder alles wie vorher?

Gut, nehmen wir mal an, dass es so kommt. Dann könnte man als geneigter Leser oder Zuhörer denken, dass ab Anfang 2022 die Volkswirtschaft als Ganzes wieder im Zustand wie vor der Krise ist. Aber nein, dem wird nicht so sein, so meine Meinung. Was die letzten Monate passiert ist: Viele, sehr viele Unternehmen, Kleinstbetriebe und Selbständige wurden nicht nur mit staatlichen Zuschüssen versorgt, sondern auch in gigantischem Umfang mit günstigen Krediten der Staatsbank KfW sowie mit günstigen Bankkrediten. Dazu kommt, dass viele Zombieunternehmen ohnehin schon mit sehr hohen Kreditsummen belastet waren.

Selbst wenn die Umsätze dieser vor der Krise noch funktionierenden Unternehmen wieder auf Normalniveau zulegen sollten. Die Kreditbelastung, die man sich in den letzten Monaten aufgeladen hat, bleibt. Dadurch hat jeder dieser Betriebe und Selbständigen eine erhöhte monatliche Last zu tragen, die aus den monatlichen Umsätzen bezahlt werden muss. Und alle Selbständigen, die vor der Coronakrise schon finanziell an der Null-Linie hingen, sind dann dank dieser zusätzlichen Kreditraten im Minus. Hinzu kommt noch: Monatelang gab es zwecks Entlastung in der Coronakrise Stundungen bei alten Kreditraten und vor allem bei fälligen Mietzahlungen. Gewerbemieter werden also nach der Krise diese nicht gezahlten Büro- und Ladenmieten zusätzlich zur normalen Miete auch noch abstottern müssen.

Man sieht: Nach der Coronakrise wird die monatliche Kostenbelastung für sehr viele Selbständige deutlich höher sein als vor der Krise. Das bedeutet: Selbst wenn die Wirtschaft wieder genau so läuft wie noch 2019, und selbst wenn die Konsumenten in 2021 und 2022 wieder wie im Jahr 2019 die Restaurants, Cafes und Hotels auslasten, werden viele, sehr viele Selbständige und Kleinstbetriebe diese höhere monatliche Belastung wohl kaum tragen können. Was wird man also tun? Betriebe werden (wenn die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht endet) in die Insolvenz gehen. Und zahlreiche selbständige (zum Beispiel Gastronomen), die ihre Gewerbe ja in der Regel als persönlich haftende Einzelunternehmer betreiben, werden in die Privatinsolvenz gehen. So darf man es vermuten.

Wer die Zeche zahlen wird

Nach meiner Meinung werden zwei große Gläubiger-Blöcke die Zeche zahlen, wenn reihenweise Unternehmen und Selbständige nach der Coronakrise pleite gehen. Zahlen werden letztlich die Steuerzahler und die Banken. Denn bei einer Pleite kommt es ja letztlich zu einer Entschuldung. Bei überschuldeten Unternehmen, die dicht gemacht werden, und bei denen noch Bankkredite offen waren, müssen die Banken diese verlorenen Forderungen als Verluste abschreiben, wodurch ihre Kapitalbasis geschwächt wird (derzeit müssen Banken gestundete Kredite nicht als Verluste abschreiben, aber hier reden wir ja über Kreditausfälle nach Insolvenzen). Bei zahlreichen Selbständigen findet die Entschuldung über die Privatinsolvenz statt, weil man ja immer für alles privat haftet. Mehrere Jahre nach Anmeldung der Privatinsolvenz befinden sie sich in der sogenannten Wohlverhaltensphase, wo sie alle Einnahmen über einer Mindeststumme an die Gläubiger abführen müssen.

Nach Ablauf einer Frist sind die Schuldner dann schuldenfrei. In der Regel wird es so aussehen (das zeigen die Erfahrungswerte), dass nur wenige Prozente der offenen Forderungen zurückfließen, und die Gläubiger den allergrößten Teil der Forderungen als Verlust abschreiben müssen. Die KfW hat in der Coronakrise gigantische Milliardensummen als Kredite vergeben, oder auch als Vollhaftung über Geschäftsbanken herausgereicht. Fallen diese Kredite aus, verliert die KfW viel Geld. Und da die KfW im Besitz der Bundesregierung ist, verliert hier automatisch der Steuerzahler Geld. Oder anders gesagt, die Staatsverschuldung steigt, wenn der Bund ein mögliches Milliarden-Defizit der KfW ausgleichen müsste.

Die große Entschuldung

Noch ist es nur ein Szenario, da ich hier über die Zukunft spreche. Aber es scheint rein realistisches Szenario sein. Denn die Mehrbelastungen, die vor allem für Selbständige und Kleinstunternehmer nach der Krise anstehen, werden langfristig wohl kaum tragbar sein, selbst wenn die Einnahmeseite wieder anzieht. Pleite bedeutet letztlich immer Entschuldung, und die muss am Ende irgendwer zahlen, der diese Forderungen als Vermögenswerte bislang in seinen Büchern stehen hatte. Das sind entweder die Banken oder die Steuerzahler. Und… naja… werden die Verluste bei den Banken zu groß, werden deren Verluste ja irgendwann auch auf den Steuerzahlen umgewälzt. Man denke dazu nur an die Finanzkrise ab 2008, und welche gigantischen Summen für HSH, WestLB, HRE etc aufgewendet werden mussten. Die Einlagensicherungssysteme der Banken, die reichen nicht mal ansatzweise aus, wenn es wirklich ernst werden sollte.

Da gäbe es übrigens noch eine Handlungsoption. Bevor zahlreiche Selbständige, die sich nun im Schuldturm der KfW befinden, reihenweise pleite gehen und zum ernsthaften Problem für die Volkswirtschaft werden, könnte der Gesetzgeber noch auf eine Idee kommen. Nämlich in dem man ein Gesetz erlässt oder die KfW anweist, dass den Schuldnern der Coronakrise ihre Schulden ganz oder teilweise erlassen werden, oder dass sie erstmal ein paar Jahre Zahlpause oder reduzierte Monatsraten erhalten. Wie auch immer man so was ausgestaltet. Bevor es zu massiven Verwerfungen kommt, könnte sich der Bund zu so einer Maßnahme durchringen, um die ganz große Pleitewelle zu verhindern, und dann lieber die Milliardenschulden allen Steuerzahlern aus Auge drücken.

By the way… die bisherigen und aktuellen staatlichen Zuschüsse an Selbständige sind eh eine große Farce gewesen. Mehr dazu finden Sie hier.

Stiller Protest von Gastronomen mitten in der Coronakrise
Protest „Leere Stühle“ in Detmold mitten in der Coronakrise im April. Foto: Thorsten Krienke from Detmold, Germany – P1300262 Leere Stühle CC BY-SA 2.0



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3 Kommentare

  1. Diese Knallfrösche des DIW ( Deutsche Intelligenz Wunder) sind entweder Lügner oder Nichtwisser um auf solche Prognosen zu kommen , oder sagen sie die Unwahrheit um Panik zu vermeiden? Bekanntlich hinterlassen insolvente Firmen auch noch einige Arbeitslose die nur so schäumen vor Konsumwut.

  2. Oder es wird über die Inflation versucht…falls nicht vorher wie von D. Zetsche und anderen in unendlicher Weisheit prophezeit die Zuwanderung zu einem neuen Wirtschaftswunder führt und Deutschland güldenen Zeiten entgegenschwebt.

    Schüttelt der Michel seine Untertanenmentalität jedoch ab, könnte es zu sozialen Unruhen führen. Die „Hartarbeitendemittellschicht“ ist immer weniger geneigt, einen stetig wachsenden Wohlfahrtsstaat zu alimentieren!!!

  3. Oder es wird über die Inflation versucht…falls nicht vorher wie von D. Zetsche und anderen in unendlicher Weisheit prophezeit, die Zuwanderung zu einem neuen Wirtschaftswunder führt und Deutschland güldenen Zeiten entgegenschwebt.

    Schüttelt der Michel seine Untertanenmentalität jedoch ab, könnte es zu sozialen Unruhen führen. Die „Hartarbeitendemittellschicht“ ist immer weniger geneigt, einen stetig wachsenden Wohlfahrtsstaat zu alimentieren!!!

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