Europa

Eurozone: „Nur“ 7,4 Prozent Arbeitslosigkeit – so wird diese Zahl geschönt

Wow, einfach toll. „Nur“ 7,4 Prozent Arbeitslosigkeit  gibt es in der Eurozone im Mai,  schon der April als der schlimmste Corona-Monat war mit ebenfalls nur 7,3 Prozent sehr niedrig, und März mit 7,1 Prozent Arbeitslosenquote. Also, in Euroland herrscht Eitel Sonnenschein? Nein, dem ist nicht so! Der hier gezeigte Chart stammt aus der heutigen Veröffentlichung von Eurostat, der europäischen Statistikbehörde, wo solche Jubelmeldungen wie von heute produziert werden. Man sieht, dass die Arbeitslosigkeit in der Eurozone jüngst nur minimal angestiegen ist. Kaum der Rede wert?

Dieser Chart zeigt die Arbeitslosigkeit im Verlauf der letzten Jahre

So wird die Arbeitslosigkeit runter gerechnet

Da gibt es mehrere Methoden, wie die Arbeitslosigkeit in der Eurozone künstlich aufgebessert wird. Die Arbeitslosenzahlen, die Eurostat veröffentlicht, werden nach einem Verfahren der Internationalen Arbeitsagentur (ILO) berechnet. Entscheidend hierbei ist: Hat sich ein tatsächlich Arbeitsloser aus Sicht der Behörden in den letzten Wochen nicht aktiv um Arbeit bemüht, wird er nicht als arbeitslos im Sinne der Statistik gezählt – obwohl er arbeitslos ist und in seinem Heimatland auch Sozialleistungen als Arbeitsloser bezieht. Deswegen sieht man in der heutigen Statistik für den Monat Mai auch für Deutschland eine Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent, obwohl sie im Mai laut deutscher Arbeitsagentur bei 6,1 Prozent lag. Dementsprechend darf man auch davon ausgehen, dass die Quoten in den anderen Ländern grundsätzlich deutlich höher sind als von Eurostat dargestellt.

Aber wie kann es sein, dass die Arbeitslosigkeit dennoch so extrem niedrig bleibt? Ein Wunder ist das nicht, sondern eher ein Statistik-Wunder! Gut, es gibt das Instrument der Kurzarbeit, aber dennoch nur 7,4 Prozent Quote in dieser Horror-Rezession? Eurostat erwähnt es sogar anhand von Beispielen, wie das möglich ist. Man muss in der aktuellen Veröffentlichung von Eurostat lediglich im Kleingedruckten nachlesen. Zitat Eurostat:

Frau Z war arbeitslos und suchte bis zum COVID-19-Ausbruch aktiv nach einem Arbeitsplatz. Anschließend unterbrach sie ihre Arbeitssuche, um sich um ihre Kinder zu kümmern, bis die Schule wieder aufgenommen wird und sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessert. Frau Z wird im Mai als Nichterwerbstätige und nicht als arbeitslos gezählt.

Herr X war bis März als Techniker im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt, arbeitete jedoch im April aufgrund der COVID-19-Einschränkungsmaßnahmen nicht. Sein Arbeitsvertrag bleibt bestehen und ihm wurde von seinem Arbeitgeber versichert, dass er innerhalb von 3 Monaten wieder arbeiten kann. Herr X behält daher eine Bindung an seinen Arbeitsplatz im Sinne der AKE bei und wird daher nicht als arbeitslos eingestuft.

Noch deutlicher kann man es hier nachlesen, Zitat Eurostat:

Die im April 2020 eingeführten COVID-19-Einschränkungsmaßnahmen haben zu einem starken Anstieg der Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in der gesamten EU geführt. Gleichzeitig suchte ein erheblicher Teil derjenigen, die sich bei Arbeitsämtern angemeldet hatten, nicht mehr aktiv nach einem Arbeitsplatz, etwa aufgrund der Einschränkungsmaßnahmen oder wegen Nichtmehrverfügbarkeit, zum Beispiel, wenn sie während des Lockdowns ihre Kinder betreuen. Dies führt zu Abweichungen bei der Zahl der registrierten Arbeitslosen und derjenigen, die gemäß der Definition der ILO als arbeitslos eingestuft werden.

Die Partei… ähhh die Statistik, die hat immer recht

Im Klartext (unser Beitrag zur Jubelmeldung): Die Statistiker suchen sich eine Definitionsmethode, mit der sie die Arbeitslosigkeit (zumindest die optische) schön tief halten können. Jede Menge Arbeitslose, die auch Leistungen vom Amt beziehen. Aber wenn sie aufgrund der Corona-Sonderlage nicht Arbeit suchen können, dann sind sie per Definition nicht arbeitslos. Obwohl sie arbeitslos sind! Was für ein Schwachsinn. Aber hey, die Statistik, die hat immer recht… also, wo liegt die tatsächliche Arbeitslosigkeit in Euroland? Bei 10, 11 oder 12 Prozent statt offiziell 7,4 Prozent? Man kann es nur grob in diesen Regionen vermuten.



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3 Kommentare

  1. Kurzfristig hat es einen positiven Effekt, die Wahrheiten mit geschönten Statistiken zu verschleiern. Dumm nur, dass solche Methoden langfristig nicht helfen und sogar kontraproduktiv sind, weil sie den Unmut in der Bevölkerung erhöhen, der sich durch zunehmenden Vertrauensverlust zwangsläufig einstellt.

  2. Pingback: Meldungen vom 2. Juli 2020 | das-bewegt-die-welt.de

  3. Ich gebe mal einen Tipp ab. Wir stehen eher bei 12-20% Arbeitslosigkeit auf EU Ebene wenn wir alle Kurzarbeiter mit ein berechnen. Vor allem im Süden sieht es sehr dunkel aus da hier der Servicebereich am größten ist und aufgrund der Einschränkungen und ausbleibender Touris alles einbricht.

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