Gold/Silber

Entkopplung von Gold und Realzinsen Goldpreis trotzt US-Renditen und Dollar – ein Paradigmenwechsel?

Gold entkoppelt sich von den Renditen - Was treibt den Preis an?
Fotograf: Chris Ratcliffe/Bloomberg

Die Benchmark-Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen kletterte auf über 4,5 % und die Dollar-Stärke hält an, doch Gold zuckt nur. Anstatt einzubrechen, hält sich das Edelmetall relativ stabil. Was bestimmt den Goldpreis? In den letzten zehn Jahren war die Antwort einfach: die Kosten für Geld. Je tiefer die Zinsen fielen, desto höher kletterte der Goldpreis und umgekehrt.

Gold ist der Inbegriff des „Anti-Dollars“ – eine Anlaufstelle für diejenigen, die der Fiat-Währung misstrauen. Daher schien es nur natürlich, dass der Goldpreis in einer Welt mit niedrigen Realzinsen und einem schwachen Dollar steigen würde. Und wenn die Zinsen schließlich anziehen, so wie in den letzten eineinhalb Jahren, dann dürfte das Edelmetall, das keine Rendite abwirft, an Attraktivität verlieren und die Preise fallen – so die Logik.

Nun, das scheint jedoch nicht mehr der Fall zu sein.

Goldpreis trotzt den hohen Renditen

Während die inflationsbereinigten Zinsen in diesem Jahr auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise gestiegen sind, hat der Goldpreis kaum mit der Wimper gezuckt. Die realen Renditen – gemessen an den 10-jährigen inflationsgeschützten Staatsanleihen (TIPS) – stiegen am Donnerstag erneut auf den höchsten Stand seit 2009, während der Goldpreis am selben Tag nur um 0,5 % zurückging. Das letzte Mal, als die Realzinsen so hoch waren, stand der Goldpreis etwa halb so hoch, wie Bloomberg berichtet.

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Gold hat sich seit Monaten vom Haupttreiber, den Renditen, abgekoppelt

Die Entkopplung von Gold und Realzinsen könnte einen Paradigmenwechsel für das Edelmetall bedeuten und die Anleger vor die Aufgabe stellen, seinen „fairen Wert“ in einer Welt zu berechnen, in der die alten Gleichungen nicht mehr zu gelten scheinen. Es wirft auch die Frage auf, ob und wann die alte Dynamik wieder zum Tragen kommen könnte – oder ob sie das bereits getan hat, nur auf einer neuen Basis.

Was also hält den Goldpreis oben?

Analysten verweisen auf eine Kombination aus unersättlichen Zentralbankkäufen – angeführt von China – und Anlegern, die immer noch darauf wetten, dass eine Verlangsamung der US-Wirtschaft gut für Gold ist, selbst wenn das übliche Regelwerk besagt, dass es an der Zeit ist zu verkaufen.

„Unsere Modelle haben uns gesagt, dass es 200 Dollar zu teuer ist“, sagt Marco Hochst, Portfoliomanager bei Berenberg. Dennoch hält der von ihm mitverwaltete 319 Millionen Euro schwere Multi-Asset-Balanced-Fonds des Unternehmens immer noch etwa 7 % seines Vermögens in Gold. „Unserer Ansicht nach sieht die Zukunft für das gelbe Edelmetall viel attraktiver aus.

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Gold-ETFs mit starkem Gegenwind – Goldpreis hält sich relativ robust

Es gibt verschiedene Modelle oder Berechnungen, um den fairen Wert von Gold zu ermitteln – viele Analysten entwickeln ihre eigenen -, aber im Wesentlichen spiegeln die meisten die Grundprinzipien des Goldpreises im Vergleich zu den realen Renditen von US-Anleihen und dem Dollar wider. Normalerweise würden Geldverwalter das „Flucht-Metall“ verkaufen, wenn der Dollar an Stärke gewinnt und die Zinsen für andere sichere Anlagen wie Anleihen und Bargeld steigen.

Aber sie haben dies nicht in dem Maße getan, wie es zu erwarten gewesen wäre, was zu dem großen „Aufschlag“ gegenüber dem Wert geführt hat, der nach den Modellen gehandelt werden sollte.

„Ich bekomme keine Rendite auf Gold, aber ich kann Rendite auf Bargeld bekommen. Wohin soll ich gehen?“, sagte Anthony Saglimbene, Chefmarktstratege bei Ameriprise Financial. „In dieser Hinsicht bin ich überrascht, wie widerstandsfähig Gold ist.“

Zentralbanken kaufen Gold

Die „Prämie“ hält seit über einem Jahr an, da die Zentralbanken Gold in Rekordhöhe gekauft haben, was dem Edelmetall geholfen hat, der weltweiten Straffung der Geldpolitik zu widerstehen.

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich die staatliche Nachfrage abzuschwächen beginnt, wodurch Gold anfälliger für Abschwünge wird. Entscheidend für die Aussichten wird sein, ob sich institutionelle Anleger zu Verkäufen entschließen, wenn die Preise neue Tiefststände erreichen.

Edelmetall: Zentralbanken haben zuletzt weniger Gold gekauft
Die Zentralbanken haben nach einem starken Jahr weniger Gold gekauft

Neues Rekordhoch für den Goldpreis?

Einige Analysten sind jedoch der Meinung, dass die Beziehung zwischen Gold und seinen wichtigsten Triebkräften nicht völlig zusammengebrochen ist, sondern lediglich auf eine höhere Basis gestellt wurde.

Das könnte es dem Goldpreis ermöglichen, einen Rekord zu erreichen, wenn die Renditen oder der Dollar wieder fallen, so Marcus Garvey von Macquarie, der einen Preisanstieg auf 2.100 Dollar pro Unze im nächsten Jahr sieht, wenn sich die US-Wirtschaft verlangsamt.

„Der nominale Goldpreis hat einen Durchbruch nach oben gemacht“, sagte Garvey. „Sobald man die Finanzströme als Rückenwind bekommt, denke ich, dass es einen ordentlichen Schub nach oben geben wird.“

Ein Lackmustest könnten die Turbulenzen gewesen sein, die den US-Finanzsektor im März heimsuchten. Die Realrenditen und der Dollar fielen, als die Silicon Valley Bank am Rande des Abgrunds stand, was zu neuen Zuflüssen in mit Gold unterlegte ETFs führte.

Obwohl das Metall bereits mit einem hohen Aufschlag gehandelt wurde, näherte es sich dem Rekordwert, den es während der Pandemie aufgestellt hatte. Doch der Goldpreis fiel schließlich zurück, als sich die Krise abschwächte und die Anleger sich von den dem Edelmetall trennten.

Gegenwind durch bärische Treiber?

Andere sind jedoch skeptischer, was eine Wiederholung der Krise angeht, zumal die Gefahr einer Bankenkrise zurückgegangen ist und Anleihen zum ersten Mal seit Jahren wieder eine angemessene Rendite bieten. Die hohen Renditen auf Anleihen bieten derzeit eine gute Alternative zum Edelmetall. Da Gold relativ teuer ist, könnte es selbst bei einer Konjunkturabschwächung in den USA Schwierigkeiten haben, bedeutende Zuflüsse anzuziehen.

„Es gibt andere Vermögenswerte, wie beispielsweise langfristige Anleihen, die im Portfolio für den gleichen Zweck wie Gold verwendet werden können“, sagte Marco Piersimoni, Co-Manager des 6,2 Milliarden Euro schweren Pictet Multi Asset Global Opportunities Fonds, der seine Allokation in dem Edelmetall in den letzten 12 Monaten halbiert hat. „Im aktuellen Umfeld ist Gold keine sehr überzeugende Diversifikationsanlage.“

FMW/Bloomberg



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10 Kommentare

  1. Die verfügbare Mengen und die Nutzungszwecke von Gold sind bekannt und seit langem konstant.
    Insofern stellt sich der WERT des Goldes für mich als Konstante dar.
    An der Börse schwanken lediglich die Gold- PREISE.
    Der Goldpreis -gemessen in Dollar- kann nach meiner Überzeugung nur dann nachhaltig sinken, wenn die USA ihr Schuldenproblem in den Griff bekommt, was ich aktuell nahezu ausschließe.

  2. Langfristig ist Gold von 2000 bis heute in Euro um etwa 540% gestiegen, mittelfristig von Anfang 2019 bis heute um über 60%, und in den letzten 12 Monaten um etwa 6%. Alles mit auch größeren Schwankungen und gerechnet in Euro.
    Für den Anleger legal steuerfrei, ohne Drittparteienrisiko, und auf Wunsch auch anonym.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. @Helmut,
      nachdem bekanntlich die gier das hirn frisst, sollen die experten weiterhin ihren wertlosen tand huldigen.
      frei nachdem sprichwort von den vögeln in der hand oder auf dem dach.

    2. Hallo Helmut,
      sag mir doch bitte wo ich Gold noch anonym kaufen kann.
      Viele Grüße
      Kater Carl

      1. Bei jedem Edelmetallhändler.

        Anonyme Bargeldgrenzen:
        DE: bis 1.999,99 EUR
        AT: bis 9.999,99 EUR
        CH: bis 14.999,99 CHF

        Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen mit philoro gemacht – die haben auch in allen 3 Ländern etliche Filialen und in DE sogar die Möglichkeit auf ein Zollfreilager.

      2. Das Problem ist nicht, Gold anonym zu kaufen, sondern zu verkaufen, das Gold wieder in den Geldkreislauf zu bringen, sofern man das will.
        Immer mehr Banken verlangen inzwischen schon bei kleinen Mengen einen Herkunftsnachweis. Sie wollen praktisch wissen, woher das Geld stammt, mit dem man das Gold gekauft hatte und jetzt verkaufen will.
        Vielleicht geht‘s noch bei ein paar Goldhändlern, aber immer schwieriger.
        In der EU besteht dazu noch ein Informationsaustausch unter den Finanzämtern der jeweiligen Länder.
        Auch mit der Schweiz ist das nicht mehr so einfach, schließlich will man den Verkaufserlös ja wieder in die EU einführen. Da kann der Zoll oder die Finanzbehörde schon mal Fragen stellen, auch wenn man alles legal macht.
        Gold und Anonymität sind Vergangenheit, auch wenn viele immer noch daran glauben oder sich das schönreden. Der Staat will immer mehr wissen, ob und was du hast.

        1. Gold ist das bewährteste Wertaufbewahrungsmittel seit es Menschen gibt.

          Gold ist kein Geld in der Not, sondern ein Vermögensspeicher für danach. In der Not ist eher Silber als Geld angezeigt.

          Wenn Gold verboten und/oder enteignet wird, muss man sich eben entscheiden, ob man es abgibt, es wird vermutlich etwas Währung dafür geben, oder es als Vermögensspeicher vergräbt. Letzteres haben viele Familien in den USA gemacht, als FDR es verboten hat.

  3. sind die USA im Gold oder im Papier verschuldet? Die simple Mathematik kann ich mein Geld einem Staat leihen, der selbst überschuldet ist. Und das diese Staat irgendwann die Schulden im Gold bezahlen kann ist fraglich weil meine Dollar die ich vor 30 Jahren bekommen habe reichen jetzt nicht mall für ordentlich Tanken. Haben wir vielleicht nichts in 2008 gelernt? Offensichtlich nicht.

  4. Das Unfassbare Trickser Jahrzehnt hat fertig

    Es ist ganz einfach, Daniel Stelter hat’s gesagt, jetzt kommt das Jahrzehnt der „ANFASSBAREN DINGE“ Kryptos, Luftaktien, Papiergold und alle Währungen ausser des CH -Frankens haben oder werden noch markant verlieren. Rohstoffe , Gold und andere Metalle sind nicht mit Taschenspielertricks unendlich vermehrbar und darum wird wieder eine Spur Normalität eintreten. Es könnte auch sein,dass viele vom spekulativen Papierligold in echtes Gold umschichten.

  5. Dass sich Rohstoffe in Inflationszeiten eher bullisch verhalten sollte mittlerweile bekannt sein, und die richtige Inflation kommt wahrscheinlich erst, siehe Deglobalisierung, Lohnpreisspirale und allem voran die Gelddruckorgien der Zentralbanken…

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