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EZB: Nächste Zinserhöhung, aber ein Ende rückt immer näher

EZB: Nächste Zinserhöhung, aber ein Ende rückt immer näher

Die Europäische Zentralbank wird es heute der US-Notenbank Fed gleichtun und die Zinsen um 25 Basispunkte erhöhen, damit steigt der Leitzins auf 4,25 %. Doch macht die EZB bald Schluss mit den Zinserhöhungen? Die Marktteilnehmer hoffen insgeheim schon, dass die Währungshüter im September eine Zinspause einlegen könnten. Die Anzeichen einer deutlichen Wirtschaftsabkühlung in der Eurozone nehmen zu, was auch daran liegt, dass die Maßnahmen der EZB wirken. Die Geldmenge M1 in der Eurozone sinkt um 8 %, während das Wachstum der Kreditvergabe fast gegen Null tendiert. Es besteht die Gefahr, dass aus der Mini-Rezession mehr werden könnte.

Zinserhöhung der EZB

Die Europäische Zentralbank dürfte die Zinssätze am Nachmittag um einen weiteren Viertelpunkt anheben. Doch die Anleger denken bereits darüber nach, ob dies die letzte Zinserhöhung der einjährigen Erhöhungskampagne der Währungshüter sein könnte.

Wie Bloomberg berichtet, wurde die Anhebung des Einlagensatzes auf 3,75 % am Donnerstag von Präsidentin Christine Lagarde und ihren Amtskollegen weithin angekündigt. Von größerem Interesse ist, ob die EZB-Mitlieder den Zinssatz bei ihrer nächsten Sitzung im September erneut anheben oder davon absehen.

Hinweise auf die kommende Sitzung sind unwahrscheinlich, da in der Zwischenzeit eine Flut von Daten ansteht. Zudem lassen die jüngsten Zahlen einen stärkeren zugrunde liegenden Inflationsdruck sowie eine schwächelnde Wirtschaft in der Eurozone erkennen. Nach der Zinserhöhung der Federal Reserve am Mittwoch könnte die Kommunikation die größte Herausforderung für die EZB darstellen. Die Zentralbanker werden sich alle Türen offen lassen wollen, indem sie kein klares Signal in die eine oder andere Richtung aussenden.

EZB Zinsen: Zinspfad für das kommende Jahr
Blick auf den künftigen Zinspfad der EZB

Die Wahrscheinlichkeit, dass der heutige Schritt der letzte in diesem Zyklus sein wird, ist gestiegen, nachdem einige EZB-Falken Zweifel geäußert haben. Eine knappe Mehrheit der in diesem Monat von Bloomberg befragten Ökonomen rechnet indes immer noch mit einem Höchststand des Einlagensatzes von 4%. Allerdings sind sie nicht davon überzeugt, dass die EZB in der Lage sein wird, dieses Niveau lange zu halten.

Die Zinsentscheidung aus Frankfurt wird um 14:15 Uhr erwartet, die Pressekonferenz von Christine Lagarde folgt eine halbe Stunde später.

Zinssätze

Die Formulierung in der Juni-Erklärung der EZB, die besagt, dass die Zinssätze auf ein Niveau gebracht werden, das „ausreichend restriktiv“ ist, muss wahrscheinlich überarbeitet werden, um nicht zu signalisieren, dass weitere Maßnahmen folgen könnten. Jegliche neue Formulierung wird wahrscheinlich eine Flut von Fragen an Lagarde auslösen.

Was Bloomberg Economics dazu sagt:

„Lagarde wird wahrscheinlich eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte ankündigen und mitteilen, dass die Entscheidung im September von der Datenlage abhängt. Zudem wird sie betonen, dass die Zinssätze in nächster Zeit nicht gesenkt werden.“ -David Powell, leitender Ökonom für den Euroraum.

Da sich die Zinserhöhungen dem Ende zuneigen, verlagert sich der Schwerpunkt auf die Frage, wann die EZB wieder über eine Zinssenkung nachdenken kann. Analysten gehen davon aus, dass die erste Zinssenkung bereits sechs Monate nach Erreichen des Höchststandes erfolgen wird – eine Aussicht, gegen die sich die einige Mitglieder bisher gewehrt haben.

EZB: Der Einlagenzins könnte im September noch auf 4% steigen
EZB: Der Einlagenzins könnte im September noch auf 4% steigen

Eurozone: Wirtschaftlicher Ausblick trübt sich ein

Auch wenn die EZB keine vierteljährlichen Prognosen vorlegt, werden die Wirtschaftsaussichten in den Diskussionen eine wichtige Rolle spielen. Jüngste Konjunkturdaten deuten auf eine Verschlechterung der Bedingungen hin. Die Einkaufsmanagerindizes von S&P Global zeigen, dass die Wirtschaftstätigkeit im privaten Sektor im Juli schrumpfte. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe notiert in  vielen wichtigen Euro-Staaten, beispielsweise Deutschland und Frankreich, auf einem Rezessionsniveau.

EZB-Zinserhöhung: Eurozone sendet Signale einer Wirtschaftsabkühlung
Eurozone sendet Signale einer Wirtschaftsabkühlung

Das verarbeitende Gewerbe ist ein besonderer Schwachpunkt. So kämpft Deutschland darum, die Rezession zu überwinden, in die es über den Winter geraten ist. Die Dienstleistungsbranche zeigt sich allerdings robuster und der Arbeitsmarkt zeigt kaum Anzeichen einer Abschwächung.

Die Kerninflationsrate, die im Fokus der Währungshüter steht, ist weiterhin hoch und stieg im letzten Monat auf 5,5 %, damit liegt sie weit über dem Ziel von 2 %. Am Montag veröffentlicht Eurostat neue Daten zu Teuerung und Wirtschaftsleistung.

Chef des Aufsichtsgremiums

Der EZB-Rat ist auch dabei, einen Kandidaten für die Nachfolge von Andrea Enria an der Spitze des EZB-Aufsichtsgremiums auszuwählen, da der Italiener zum Jahresende zurücktritt. Zur Wahl stehen die stellvertretende Gouverneurin der spanischen Notenbank Margarita Delgado und Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch.

Die EZB hat zwar erklärt, dass die Entscheidung im Herbst fallen wird, doch ist sie auch noch in dieser Woche möglich. Wer auch immer nominiert wird, muss noch vom Europäischen Parlament genehmigt und von den Regierungen der Europäischen Union bestätigt werden.

FMW/Bloomberg



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