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Wie die globale Wirtschaftskrise „weg-regiert“ und „weg-gedruckt“ wird

Wirtschaftskrise bekämpfen mit Geld drucken und staatlichen Aktionen

Wirtschaftskrise? War da was? Unausgesprochen gilt seit der Finanzkrise 2008 die weltweite Grundhaltung bei den Regierungen: Es darf keine neue Krise geben. Man will kein Abdriften der Wähler hin zu extrem Parteien. Da muss alles glücklich und rosa rot weiterlaufen wie bisher. So eine Krise wie 2008 durfte sich niemals wiederholen. Deswegen hat die EZB nach der Finanzkrise auch die Zinsen auf Null gesenkt, und nie wieder angehoben. Natürlich, so darf man es annehmen, gab es dafür keine geheime Absprache in einem Hinterzimmer mit Frau Merkel oder Herrn Macron.

Das bedurfte es auch gar nicht. Die Notenbanker um Herrn Draghi wussten auch so, was zu tun war. So hatte Mario Draghi als EZB-Chef immer wieder die Regierungen ermahnt, sie müssten ihren Job machen und ihre Volkswirtschaften reformieren. Die EZB können ihnen nur Zeit erkaufen. Tja, getan hat sich strukturell nichts. Die Volkswirtschaften in Europa schwammen jahrelang auf einer Liquiditätswelle aus quasi Gratis-Geld, für das keine Zinskosten erwirtschaftet werden musste. Eine Wirtschaftskrise sollte es nie wieder geben.

Trotz schlimmer Wirtschaftskrise weniger Insolvenzen

Und auch jetzt in der Coronakrise, wo die Wirtschaftskrise in Form eines dramatischen Einbruchs im Bruttoinlandsprodukt (minus 12 Prozent in der Eurozone im 2. Quartal) nicht zu leugnen ist, da soll die Krise unter allen Umständen weg-regiert und weg-gedruckt werden. Und das natürlich nicht nur in Europa. Ganz aktuell zeigen Meldungen aus Japan, dass im Juli die Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahr rückläufig sind. Die Zahl lag bei 789 Fällen, das sind 1,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Während der Coronakrise gab es bei den Firmenpleiten in Japan noch keinen Anstieg. Man geht davon aus, dass dies an den umfangreichen Rettungsmaßnahmen der Regierung in Tokyo liegt. In Japan ist es seit geraumer Zeit Staatsraison alle Probleme mit der Druckerpresse zu lösen. Aber gelöst werden Probleme damit nicht, sondern nur in die Zukunft verschoben.

Zurück nach Europa. Natürlich wird auch in Euroland gerettet, was das Zeug hält. Die KfW vergibt zum Überstehen der aktuellen Wirtschaftskrise Kredite mit 100 Prozent Staatshaftung, welche die Geschäftsbanken problemlos durchreichen können (eine gute Sache für Unternehmen, die eigentlich gesund sind). Doch wie viele eigentlich kaputte Unternehmen werden damit weiterhin durchgefüttert, die schon vor Corona kaputt waren, und nur dank Nullzinsen überlebten? Jetzt geht die Party weiter. Und oben drauf kommt noch, dass in Deutschland seit März die Pflicht zur Insolvenzanmeldung bis Ende September ausgesetzt ist. Deswegen ist es nur logisch, dass wie in Japan auch in Deutschland die Zahl der Insolvenzen spürbar rückläufig ist. So kann man die Krise auch bekämpfen – in dem man sie durch Verordnungen einfach in die Zukunft verschiebt. Und ganz aktuell diese Woche wird bekannt, dass die zuständige Justizministerin (SPD) diese Aussetzung der Insolvenzpflicht bis Ende März 2021 verlängern will.

Bankenaufsicht gibt Banken die Chance die Bücher „sauber zu halten“

Über den Fall Italien berichteten wir bereits gestern. Dort schrumpft der Berg notleidender Kredite um satte 3 Milliarden Euro, von 71 auf 68 Milliarden Euro. Und das in nur einem Monat, mitten in der Krise. Eine höchst wundersame Gesundung der italienischen Volkswirtschaft mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten? Selbst wenn italienische Banken jüngst große Pakete an Schrottkrediten gegen Abschlag verkauft haben sollten, so müsste bei so einer drastischen Wirtschaftskrise der Berg an Schrottkrediten stark ansteigen. Banken in Italien nutzen wohl die selbe „geniale“ Sonderregel der europäischen Bankenaufseher wie wohl auch die deutschen Banken. Seit März müssen sie wegen Corona gestundete Kredite nämlich nicht als Kreditausfall in ihren Büchern abschreiben.

So kann man mitten in der Wirtschaftskrise wunderschöne Zahlen präsentieren! Das geht aber natürlich nur so lange, wie diese Ausnahmeregel in Kraft ist. Noch gilt sie bis Ende September. Man darf vermuten, dass diese Frist bis Jahresende oder noch darüber hinaus verlängert wird? Denn die Wirtschaftskrise, die muss ja irgendwie weg-regiert und weg-gedruckt werden. Ach ja… die immer weiter fallenden Zinsen hatten wir bereits erwähnt. Auch die USA haben sich letztlich dem globalen Sog angeschlossen und ihre Zinsen kräftig gesenkt. Zusammen mit den Billionen-Hilfsprogrammen flutet man alles und jeden mit Gratis-Geld. Kapitalkosten müssen nicht mehr verdient werden.

Schrottanleihen in USA mit immer geringerer Ausfallwahrscheinlichkeit?

Die Folge dieser Politik in den USA, in Kombination mit Billionen-Rettungen und Flutung am Interbankenmarkt: Selbst die Emissionen von Schrottanleihen, also Anleihen mit besonders hohem Ausfallrisiko, zeigen zuletzt dramatisch fallende Renditen. Mehr als 40 Prozent der jüngst verkauften Schrottanleihen hatten eine Rendite von weniger als 4 Prozent. Der Chart zeigt die Durschnittsrendite mit einem Hoch von über 11 Prozent zum Start der Coronakrise. Und jetzt ist man bei unter 5 Prozent angekommen. Der Markt sieht also eine immer weiter fallende Ausfallwahrscheinlichkeit für diese Anleihen. Wenn sowieso alles geflutet und gerettet wird, dann wird auch der Schrott mit durchgeschleppt durch diese Wirtschaftskrise? Oder anders gesagt: Die Anleger kaufen alles. Und wenn hier noch ein paar Prozent Rendite anfallen, warum nicht Schrottanleihen kaufen? Die Kurse steigen durch zunehmenden Kaufdruck, die Rendite sinkt.

Schaut man auf das Gesamtbild, dann kann man sagen: Es geht nach dem Prinzip „Hoffnung“. Die Politik will Zeit erkaufen, damit sich die Probleme (hoffentlich) von alleine lösen. Die Firmen gesunden (irgendwann) wieder, neue Jobs werden geschaffen, und alles geht weiter wie vor der Coronakrise. Und bis es soweit ist, wird gerettet und die Wirtschaftskrise optisch versteckt, wo es nur geht. Aber die Krise, die kann man eben nur verstecken, aber nicht per Dekret oder Gesetz verschwinden lassen.



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7 Kommentare

  1. Welche 15 Großunternehmen fragen nach Staatshilfe an?
    Ist BMW dabei?

  2. Hallo Herr Kummerfeld, Situation perfekt beschrieben 👌

  3. Das größte Problem hier ist, das die Verbrecher die das Alles anrichten, nicht von der Justiz verfolgt werden! Außerdem ist ihnen egal was das Volk macht, da sie ihr leistungsloses Einkommen und ihre dicken Pensionen , ohne Einschränkungen aufs Kono bekommen!
    Selbst wenn der Corona Mist x Jahre weiter geht, schadet es den Pensionen nicht!

  4. Pingback: das-bewegt-die-welt.de

  5. Ich teile die Einschätzung von Herrn Kummerfeld weitgehend. Insbesondere auch die Einschätzung, dass es keiner „Absprachen“ zwischen den Regierungen und Wirtschaftsgruppen bedurfte. Das synchrone Verhalten erklärt sich alleine durch gleich gerichtete Interessen.

    Da die politische Ansage war, den Euro zu halten, gab es gar keine andere Möglichkeit als die Druckerpresse heiß laufen zu lassen (egal wer der EZB Präsident ist). Beides bedingt einander.

    Eine weitere Angst treibt das Establishment um. Da sie die EU insgesamt an die Wand gefahren haben, sind viele nur noch Mitglied solange sie Honig saugen können. Geht das nicht mehr, fällt das Gebilde in seiner heutigen Form auseinander. Und was sollen dann die ganzen Typen machen, deren Existenz und wahrgenommene Wichtigkeit ausschließlich daran hängt?

    „Es darf keine Krise geben“ würde ich allerdings umformulieren. Die korrekte Aussage ist „Der Durchschnittsdepp darf nicht merken das es eine Krise gibt.“ Zumindest nicht bis diejenigen die uns das eingebrockt haben das Zeitliche gesegnet haben.

    „Man will kein Abdriften der Wähler hin zu extrem Parteien.“ Der ist auch echt gut. Sitzen die Extremisten doch weitgehend den Regierungen.

    Einmal gemachte Fehler kann man oft nicht ungeschehen machen. Aber anstatt diese zuzugeben und dann den Schaden zu minieren werden die Fehler versteckt und der Schaden maximiert. Da kommt doch so eine kleine Hgienediktatur gerade recht. 2008 war der finale Beweis, dass der Point of no return überschritten war. Daher geht es jetzt wie auf Schienen bis zum Knall.

    Wie Herr Kummerfeld hier schön beschreibt, wurden nun alle Regeln, die für das Funktionieren einer Wirtschaft und einer Gesellschaft erforderlich sind, geschleift. Schulden werden per se nicht zurückgezahlt. Geld und damit offene Tauschtransaktionen werden ins unendliche vergrößert. Was übrigens nichts anderes bedeutet als den Produzenten von Gütern damit zu sagen, dass sie NIEMALS für ihre Arbeit bezahlt werden.
    Verträge sind nur noch „unverbindliche Absichtserklärungen“.

    Nach einer aktuellen Umfrage unter Unternehmen wären übrigens 44% ohne Staatshilfe inzwischen Pleite. Das dürfte in den anderen wichtigen EU Staaten nicht viel anders aussehen. Man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen.

    Spanien bastelt auch schon wieder an einem Lockdown. Den Regierungen muss inzwischen so unglaublich die Düse gehen, das demnächst rauskommt was sie angerichtet haben, das sie Selbstmord aus Angst vor dem Tod begehen.

    1. @thinkSelf, Ihre Aussage zu den Pleiten ist so nicht richtig. Korrekt ist dagegen, dass 44% der Unternehmen, die eine staatliche Hilfe beantragt haben, der Meinung sind, ohne diese Hilfe wären sie bereits pleite. Das finde ich jetzt nicht so wahnsinnig verwunderlich. Erstaunlich ist, dass 56% auch ohne diese Hilfen bisher überlebt hätten.

      Aus dem Corona-„Soforthilfe“-Paket für KMU in Höhe von 50 Milliarden wurde z. B. nur knapp ein Drittel ausbezahlt. Derzeit wird schon wieder fleißig zurück gefordert und bezahlt, sodass man davon ausgehen kann, dass am Ende lediglich etwa 20 bis 25% überhaupt Hilfen erhalten haben. Und davon wären 44% ohne diese Hilfen pleite, also insgesamt rund 10%.

      Berücksichtigt man die Tatsache, dass gewisse Branchen (Gastronomie, Tourismus, Messe und Event, Automobilzulieferer) für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten Umsatzeinbußen von 80 bis 100% verkraften mussten, zeigt sich, dass zumindest die KMU erstaunlich robust aufgestellt sind. Nur 10%, man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen.

      1. @thinkSelf, Ergänzung: 99,5% aller Unternehmen in Deutschland sind KMU, der größte Teil sind Kleinstunternehmen (80% aller Unternehmen). Klein- und Kleinstunternehmen (0 bis 49 Mitarbeiter) haben einen Anteil von knapp 98%.

        Alleine ein einziges Großunternehmen erhält staatliche Hilfen in Höhe von 9 Milliarden EUR. Das ist fast so viel, wie alle Klein- und Kleinstunternehmen letztendlich zusammen abgerufen haben werden. In der Summe hat vermutlich eine Handvoll Großkonzerne ein Vielfaches von dem an Staatshilfen abgeräumt, was 98% aller Unternehmen (Anzahl: etwa 3,5 Millionen) zusammen erhalten.

        Und das trotz einer Dekade ständig steigender Rekordgewinne in unvorstellbaren Dimensionen. Wo sind deren Rücklagen?

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